Written by: Rudolf Uhrig

Going out with a Bang!

„Going out with a Bang!“ Klaus Meine (67), Frontmann der „Scorpions.“

Going out with a Bang!

„So viele Worte sind geschrieben, so viele Träume sind gelebt, ihr habt uns mit Applaus getragen, wir dürften auf dem Gipfel stehen. Doch nichts im Leben ist unendlich, der Abgrund folgt nach dem Zenit. Jede Erinnerung ist zu wertvoll um nur aus Stolz kein Ende zu sehen. Es ist Zeit zu gehen. Wir danken euch für all die Jahre, auch wenn es weh tut. Es ist Zeit zu gehen wenn es am schönsten ist. Kein Augenblick ist je verloren wenn er im Herzen weiterlebt. Das Leben wird jetzt anders sein, doch die Erinnerung bleibt ewig bestehen. Wir werden euch niemals vergessen, jeder von uns geht seinen Weg.
Keine Träne soll uns begleiten, egal wohin die Reise geht. All die schönen Bilder bleiben wenn unsere Zeit gekommen ist. Es ist Zeit zu gehen.“

Das sind die Zeilen im Abschiedslied von Unheilig. „Der Graf“ hört mit Mitte Vierzig in diesem Jahr auf. Drei Jahre lang begleitete ihn der Abschiedsgedanke, bis er sich nun dazu entschloss.
Eine mutige Entscheidung; und herrlich traurige, wie wahre Worte.

Im Januar 1991, einige Wochen vor meinem 35. Geburtstag, hatte ich meine erste Bildveröffentlichung im damaligen „hallo“, dass dann später im Nibelungen Kurier (Worms) aufging. Über 30 000 Bilder sind es bis zum heutigen Zeitpunkt in diversen Medien geworden.  Mehr als 1000 Samstage, mehr als 1000 Sonntage mit der Kamera unterwegs. Immer zwischendurch, in Mittagspausen, nach Feierabend und während sogenannter Balance-Zeiten die mein Arbeitgeber, die Volksbank Alzey-Worms, als innovatives und modernes Unternehmen ihren Mitarbeitern einräumt, dazu nachts am PC.

[Tage der Begeisterung…!?]

 „Die ich rief, die Geister,  werd’ ich nun nicht los“, so formulierte  Johann Wolfgang von Goethe in seiner Ballade „Der Zauberlehrling.“ Tja, plötzlich waren sie da, die Geister… Und über all die Jahre: „Walle, walle“ – ich konnte (und wollte) den Besen nicht stoppen; um im Kontext zu bleiben.

„Es kommt in deinem Leben mal der Augenblick an dem du bemerkst, dass deine Vergangenheit länger geworden ist, als deine Zukunft.“ 
Dieser Satz stammt aus dem Thriller „Safe House“ von Daniel Espinosa.
Ja, mit nunmehr 60 Jahren wird einem das – „wahrlich schlagartig“ – bewusst. Ein unbekannter Verfasser meint dazu: „Die meisten von uns beginnen zu leben, wenn sich das Leben dem Ende nähert.“  Lao-tse lehrt: „Beginnen können ist Stärke. Vollenden können ist Kraft.“ Und die deutsche Lyrikerin Anke Maggauer-Kirsche umschreibt es so: „Etwas zu beginnen erfordert Mut, etwas zu beenden noch mehr.“ „Es ist immer irgendwann einmal der Zeitpunkt gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen. Ihn zu finden, ist eine sehr persönliche Angelegenheit“, befand Thomas Gottschalk nach seinem „Wetten dass“-Abschied.
Auch haben sich bei mir die Worte von Gregor Gysi, die er in seiner Rede auf dem Bielefelder Parteitag am 6. Juli 2015 sprach, stark eingeprägt: „Ich habe viel zu wenig Freundschaften gepflegt, ich hatte viel zu wenig Zeit für meine Angehörigen, das lag nicht an euch, es lag an mir. Weil ich zu selten Nein sagte, mich einfach zu wichtig nahm. Aber bei meinen Angehörigen und Freunden möchte ich mich heute aufrichtig entschuldigen, es tut mir sehr, sehr leid…!“
Anlässlich meines 60. Geburtstages wollte ich mir das zu Herzen nehmen und – natürlich noch voll und ganz im Berufsleben stehend – aber nach 25-jähriger („Hobby“)-Pressetätigkeit „dem Leben mehr Raum“ geben. Oder wie es Cicely Sounders ausdrückt: „Nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben geben…“! Weise Worte fand auch der griechische Schriftsteller Plutarch, die er im 1. Jahrhundert n. Chr. niederschrieb: „Plures adorant solem orientem quam occidentem.“ („Man bewundere lieber die aufgehende Sonne als die untergehende…!“

["... mit 90 trete ich kürzer..." Alfons Schuhbeck]

Allerdings…
ein wiederum unbekannter Verfasser ist der Meinung: „Was du einmal vollbracht hast, kannst du wieder vollbringen.“

Und Starkoch Alfons Schuhbeck scherzt: „Mit 90 trete ich kürzer, dann arbeite ich nur noch halbtags…“! Er ist 66!
Oder soll ich mir da Henri Matisse als Vorbild eines älteren Mannes nehmen?
Als alle dachten,  er sei mit allem fertig, ging er ins Bett, erfand die Farben neu und schuf die schönsten und modernsten Werke seines Lebens!
Überdies: Gottschalk kolportiert aktuell, dass er sich vorstellen könne, einmal im Jahr eine „Wetten dass…. Gedenkshow“ zu moderieren.
Tja was nützen da Vorbilder, Aphorismen oder Bonmots…? Man muss seinem Herzen folgen, oder dem Kopf. Die Frage ist also „Kopf oder Bauch - wer trifft die besseren Entscheidungen“? Die Neurowissenschaft sagt dazu: Nur im Kopf trifft ein Mensch Entscheidungen. Meint aber „…Intuition und rationale Denkprozesse schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern sie sind stark miteinander verwoben. Ob eine Entscheidung gut oder richtig ist, lässt sich damit nicht bemessen.“

[„Tempora mutantur, nos et mutamur in illis…!“]

Wenn einen selbst die Wissenschaft im Stich lässt, mache ich mir am besten die Lebensweisheit von Carlo Petrini, einem  italienische Publizisten zu eigen, der meint: „Es ist nutzlos, den Rhythmus des Lebens forcieren zu wollen. Die Kunst des Lebens besteht darin zu lernen, allem und jedem die Zeit zu lassen, derer es bedarf.“

Zeit gelassen hatte ich mir auch mit einer eigenen Homepage, eben, weil „keine Zeit“ dafür… Oder lassen wir doch lieber Goethe's Mephisto sprechen: "...zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer; es liegt schon da, doch um es zu erlangen, das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen?" Als („Hobby-“)Fotograf eigentlich ein Unding. Denn wie erkannte Leonardo da Vinci schon vor fast 500 Jahren: „Der Mensch, das Augenwesen, braucht das Bild.“ Und Starblogger Sascha Lobo ist der Meinung, „… dass sich das Netz nicht mehr auf stationären Inseln befindet, sondern zum „Überallnetz“ geworden ist, das sich wie eine digitale Schicht über die dingliche Welt legt.“

Da möchte ich nun meinen Beitrag leisten, ab heute. Denn seit einigen Stunden ist meine Website online. Mein Wunsch, mein persönlicher „Big Bang“ ist nun an einem – für mich „besonderen Tag“ (25 Jahre Pressetätigkeit, 60. Geburtstag und (in wenigen Stunden) auf dem One-World-Trade-Center stehend) – in Erfüllung gegangen.

Da bin ich wieder bei einer Metapher aus der Rock-Musik, denn da halfen mir die Scorpions mit ihrem aktuellen Titel…“Going Out With a Bang“. Darin heißt es u.a.  „Wenn ihr denkt, wir würden nicht kämpfen, so wie wir es früher taten, dann passt mal gut auf: Bei uns könnt ihr euch was abschauen! Denn all die Jahre des harten Rocks, haben uns gelehrt, wie man aufsteigen und wie man fallen kann. Und wir stehen noch (aufrecht) da!
Wir kommen 'raus mit 'nem Knall! Peng, Peng, Peng!

Viel Spaß und Danke!
Rudolf